Viele Menschen kämpfen jahrelang mit Übergewicht, ohne den wahren Grund zu kennen. Eine häufige Ursache: eine Schilddrüsenunterfunktion, auch Hypothyreose genannt. Die Schilddrüse ist ein kleines Organ mit großer Wirkung – sie steuert den Stoffwechsel maßgeblich. Wenn sie zu wenig Hormone produziert, wird der gesamte Energieverbrauch gedrosselt. Das hat spürbare Folgen für Gewicht, Wohlbefinden und Energielevel. Doch auch mit einer trägen Schilddrüse ist Abnehmen möglich – vorausgesetzt, du beachtest ein paar entscheidende Faktoren. In diesem Ratgeber erfährst du, wie du deinen Körper verstehst, typische Fehler vermeidest und nachhaltig abnimmst – ohne dich auszupowern oder zu frustrieren.
Was ist eine Schilddrüsenunterfunktion?
Die Schilddrüse ist eine schmetterlingsförmige Drüse im Halsbereich. Sie produziert die Hormone T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin), die nahezu alle Körperfunktionen beeinflussen – von der Körpertemperatur über den Puls bis hin zum Energieverbrauch.
Bei einer Unterfunktion werden zu wenig dieser Hormone gebildet. Die Folge: Der Stoffwechsel verlangsamt sich, der Energieumsatz sinkt und viele Prozesse im Körper laufen langsamer ab.
Typische Symptome sind:
- Gewichtszunahme trotz unveränderter Ernährung
- Müdigkeit, Antriebslosigkeit, depressive Verstimmungen
- Frieren, trockene Haut, brüchige Haare
- Verstopfung und verlangsamte Verdauung
- Zyklusstörungen oder unerfüllter Kinderwunsch bei Frauen
Die Diagnose erfolgt meist durch eine Blutuntersuchung (TSH, fT3, fT4). Häufigste Ursache ist die Autoimmunerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis.
Warum das Abnehmen mit Hypothyreose so schwerfällt
Menschen mit einer Schilddrüsenunterfunktion haben einen niedrigeren Grundumsatz – das heißt, sie verbrennen in Ruhe weniger Kalorien. Gleichzeitig kann es zu Wassereinlagerungen, Müdigkeit und Muskelschwund kommen – alles Faktoren, die das Abnehmen erschweren.
Hinzu kommen folgende Herausforderungen:
- Hormonelle Dysbalance: Fettverbrennung wird gehemmt, Hungergefühl gestört.
- Reduzierte Aktivität: Müdigkeit führt zu weniger Bewegung.
- Veränderte Verdauung: Der Darm arbeitet langsamer, was zu Völlegefühl oder Verstopfung führt.
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Wenn die Schilddrüsenwerte gut eingestellt sind und du gezielt vorgehst, kann das Abnehmen sehr wohl gelingen – auch langfristig.
Grundvoraussetzung: Die richtige Einstellung der Schilddrüsenwerte
Bevor du dich an Diäten oder Trainingspläne machst, solltest du sicherstellen, dass deine Schilddrüsenhormone optimal eingestellt sind. Das ist der erste und wichtigste Schritt.
Wichtige Blutwerte:
- TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon)
- fT3 (freies Trijodthyronin)
- fT4 (freies Thyroxin)
- ggf. Anti-TPO (bei Hashimoto)
Zielbereich: Viele Betroffene fühlen sich erst wohl, wenn TSH unter 2 liegt und fT3/fT4 im oberen Drittel des Referenzbereichs sind. Lass dich nicht mit „normalen“ Werten abspeisen – sondern achte auf dein Körpergefühl.
Medikamentöse Einstellung:
- Standard: Levothyroxin (T4-Präparate wie L-Thyroxin)
- Manche benötigen zusätzlich T3-Präparate (z. B. bei Umwandlungsstörungen)
- Wichtig: Tabletten nüchtern, immer zur gleichen Zeit einnehmen – mindestens 30 Minuten vor dem Frühstück
Erst wenn dein Hormonhaushalt stabil ist, solltest du gezielt mit dem Abnehmen starten. Alles andere wäre wie Autofahren mit angezogener Handbremse.
Ernährung bei Schilddrüsenunterfunktion: Das solltest du beachten
Eine gesunde, entzündungsarme und nährstoffreiche Ernährung ist das Fundament für einen funktionierenden Stoffwechsel. Bei Hypothyreose gilt:
1. Setze auf natürliche, unverarbeitete Lebensmittel
Frisches Gemüse, hochwertige Proteine, gute Fette und komplexe Kohlenhydrate bilden die Basis. Vermeide stark verarbeitete Produkte, zugesetzten Zucker und Transfette.
2. Achte auf ausreichende Eiweißzufuhr
Eiweiß unterstützt den Muskelaufbau und erhöht den Energieverbrauch. Ideal: 1,2–1,6 g Eiweiß pro kg Körpergewicht und Tag. Gute Quellen: Fisch, Eier, Hülsenfrüchte, Milchprodukte, mageres Fleisch, Tofu.
3. Jod und Selen im Blick behalten
Beide Nährstoffe sind essentiell für die Hormonproduktion und -umwandlung.
- Jod: Algen, Seefisch, jodiertes Salz
- Selen: Paranüsse (max. 2 täglich), Eier, Linsen, Pilze
4. Entzündungshemmende Ernährung integrieren
Besonders bei Hashimoto hilfreich:
- Viel Gemüse (vor allem bunt und ballaststoffreich)
- Omega-3-Fettsäuren (Leinöl, Chiasamen, fetter Fisch)
- Antioxidantien (Beeren, Kräuter, grüner Tee)
5. Weniger Gluten & Milchprodukte?
Einige Hashimoto-Patient:innen berichten über Verbesserungen durch glutenfreie oder milcharme Ernährung – am besten individuell ausprobieren.
Bewegung: Mit Köpfchen statt mit Zwang
Viele mit Hypothyreose sind chronisch erschöpft – da kann Sport zur Belastung werden. Doch Bewegung ist trotzdem wichtig, weil sie:
- den Stoffwechsel anregt
- die Stimmung verbessert
- Muskeln aufbaut (mehr Grundumsatz)
- gegen Wassereinlagerungen hilft
Wichtig ist, nicht zu übertreiben. Starte mit:
- Täglichen Spaziergängen (20–30 Minuten)
- Leichten Workouts zu Hause (z. B. Bodyweight-Training)
- 2x pro Woche Krafttraining (schon mit kleinen Gewichten)
- Yoga oder Pilates zur Stressreduktion
Höre auf deinen Körper – Bewegung soll dich stärken, nicht auslaugen.
Stress, Schlaf & Hormone – die versteckten Einflussfaktoren
Ein oft unterschätzter Aspekt beim Abnehmen mit Schilddrüsenunterfunktion sind die sogenannten „Nebenbaustellen“: Stress, Schlafmangel und andere Hormonachsen.
- Cortisol (Stresshormon): Dauerstress erhöht Cortisol, das wiederum Fett speichert und die Schilddrüse zusätzlich belastet.
- Schlafmangel: Senkt die Stoffwechselrate und erhöht den Hunger.
- Blutzuckerschwankungen: Insulinresistenz ist bei Hypothyreose häufiger – auch sie bremst die Fettverbrennung.
Was hilft:
- 7–9 Stunden Schlaf pro Nacht
- Entspannungsrituale (z. B. Atemübungen, Meditation)
- Feste Routinen und regelmäßige Essenszeiten
Typische Stolperfallen beim Abnehmen mit Schilddrüsenunterfunktion
Viele Betroffene machen (verständlicherweise) Dinge, die bei „gesunden“ Menschen wirken – aber bei Hypothyreose kontraproduktiv sind. Dazu zählen:
1. Radikaldiäten: Zu wenig Kalorien senken den Stoffwechsel noch weiter. Außerdem steigt das Risiko für Muskelabbau.
2. Zu viel Kardiotraining: Exzessives Ausdauertraining erhöht das Stresslevel und kann zu mehr Cortisol führen – schlecht für Schilddrüse und Fettverbrennung.
3. Nährstoffmängel: Besonders kritisch: Eisen, Vitamin D, Zink, Magnesium. Diese beeinflussen direkt die Schilddrüsenfunktion.
4. Unregelmäßige Medikamenteneinnahme: Schon kleine Schwankungen in der Einnahmezeit können den Hormonspiegel beeinflussen – immer konsequent bleiben.
5. Sich vergleichen: Du hast andere Voraussetzungen als andere – geh deinen eigenen Weg, in deinem Tempo.
Erfolgreich abnehmen – dein persönlicher Plan
Auch wenn es sich manchmal zäh und frustrierend anfühlt – ein guter Plan macht den entscheidenden Unterschied. Abnehmen mit Schilddrüsenunterfunktion funktioniert nicht nach Schema F, sondern erfordert ein feines Gespür für deinen Körper und individuelle Anpassungen. Die folgenden Schritte helfen dir, Klarheit zu gewinnen und systematisch vorzugehen.
Schritt 1: Werte prüfen und Therapie optimieren
- Arztgespräch
- Laborwerte
- Medikamentenanpassung (falls nötig)
Schritt 2: Ernährung anpassen
- Natürliche, anti-entzündliche Ernährung
- Viel Eiweiß, ausreichend Jod & Selen
- Zucker, Alkohol, Gluten reduzieren (optional)
Schritt 3: Bewegung integrieren
- Täglich in Bewegung kommen
- Muskelaufbau anstreben
- Stressarme Sportarten bevorzugen
Schritt 4: Alltag optimieren
- Schlaf, Routinen, Selbstfürsorge
- Stressmanagement
- Tagebuch führen (Ernährung, Symptome, Stimmung)
Schritt 5: Geduldig bleiben
- Kleine Erfolge feiern
- Rückschläge einplanen
- Auf das große Ganze achten (Gesundheit > Zahl auf der Waage)
Fazit: Auch mit Hypothyreose kannst du abnehmen – in deinem Tempo
Eine Schilddrüsenunterfunktion ist keine Ausrede – aber sie ist eine Herausforderung, die du nicht ignorieren darfst. Wenn du verstehst, wie dein Körper funktioniert, deine Werte regelmäßig kontrollierst und deinen Lebensstil intelligent anpasst, kannst du auch mit langsamerem Stoffwechsel erfolgreich abnehmen.
Vergiss Diät-Dogmen und Crash-Programme. Dein Körper verdient eine liebevolle, langfristige Begleitung. Dann wirst du sehen: Auch kleine Schritte führen zum Ziel – besonders, wenn du sie bewusst gehst.